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Um sinnvolle und wirksame Maßnahmen ergreifen zu können, muss man sich einmal klar darüber werden, womit man es zu tun hat. Und das ist im Falle von „Mobbing“ gar nicht so einfach. Begriffe unterliegen auch so etwas wie Modeerscheinungen, was dazu geführt hat, dass dem Anschein nach – so wird es berichtet - so gut wie immer und überall „gemobbt“ wird. Bevor wir aber über etwaige Hilfestellungen zur Abwehr und Milderung der Folgen nachdenken, befassen wir uns damit, was Mobbing eigentlich ist und was nicht.

Von „Mobbing“ spricht man im sozialwissenschaftlichen Sinn, wenn folgende Sachverhalte gegeben sind:
Eine Person oder eine kleine Gruppe von Personen wird von mehreren Personen oder einer größeren Gruppe von Personen verbal und / oder tätlich eingeschüchtert, belästigt oder gar angegriffen. Infolge privater oder beruflicher Umstände ist es nur unter erheblichem Aufwand oder gar nicht möglich, den mobbenden Personen auszuweichen. Die mobbenden Personen befinden sich psychologisch oder real in einer Übermachtstellung, so dass Gegenwehr aussichtslos erscheint, unmöglich ist oder sogar weitere Verschlimmerung der Situation erwarten lässt. Dieser Zustand besteht über längere Zeit, zumindest einige Wochen.
Fortsetzung im Kommentar:
https://golf.twoday.net/stories/1022683817/comments/1022683818
m. frdl. Genehmigung von M. Herdlitzka; Klgft.
https://www.beratungspraxis.jetzt
Handicap 7 meinte am 11. Mai, 01:21:
Fortsetzung der Betrachtung von Michael Herdlitzka
Vieles, was in den Medien häufig genannt wird, fällt demnach nicht unter Mobbing. Ein Vorgesetzter oder Kollege, welcher einen unfreundlich oder provozierend anschnauzt, auch wenn er dies mehrmals wiederholt, ist einfach nur unhöflich, aber er ‚mobbt‘ nicht. Erst wenn sich mehrere Kollegen zusammentun, vielleicht sogar die ganze Abteilung, und dieses Verhalten über Wochen hinweg zur Gewohnheit wird, spricht man von Mobbing. Die Stammtischrunde, die einen einmal, und sei es noch so heftig, auf der Schaufel hat, mobbt nicht. Die Stammtischrunde kann nicht mobben, denn man kann ganz einfach nach Hause gehen und künftig weg bleiben. Das in letzter Zeit medial so beliebte Mobbing per Internet oder Handy ist nicht möglich. Ein SMS muss man nicht lesen, das Handy kann man abschalten, im Internet muss man nicht chatten, auch das einer größeren Gruppe ausgeliefert sein fehlt in der elektronischen Kommunikation völlig. Das heißt nicht, dass es diesbezüglich nicht auch Opfer geben kann, welche Schlimmes erlebt haben und der Hilfe bedürfen. Aber es handelt sich eben nicht um Mobbing-Opfer.
Damit sind wir schon beim ersten Grundsatz der Selbsthilfe für ‚vermutliche‘ Mobbing-Opfer, der Frage: (Wie) Kann ich die unerwünschte Situation vermeiden? Oft genügen kleine Maßnahmen, ein anderer Weg zur Arbeitsstelle, etwas früher / später beginnen, die Pause wo anders verbringen, nicht alleine in die Situation begeben, etc. Ein bisschen in Ruhe darüber nachdenken, etwas Kreativität und man wird in vielen Fällen einen einfachen und wirksamen Ausweg finden. Gibt es mit vertretbarem Aufwand keinen sinnvollen Weg der Vermeidung, muss man nach einer anderen Methode suchen, um das bereits verfestigte, negative Kommunikationsritual - nichts anderes bedeutet Mobbing - zu unterbrechen. Ist die Ausweglosigkeit keine reale, weil man zwar ‚nur‘ im Internet in eine solche Situation geraten ist, man aber den Ausstieg nicht schafft, weil die virtuelle Bezugsgruppe bereits stärker ist als die zur Verfügung stehenden realen Kontakte, dann ist es höchste Zeit für professionelle Hilfe. Diese sollte aber über die eigentliche Problematik informiert werden, eben nicht Mobbing, sondern Verlust ausreichend tragfähiger realer Sozialbeziehungen. Dies gelingt aber auch nur, wenn man sich nicht dem medialen Druck der „Mode Mobbing folgend“ bereits eine Identität als „Mobbingopfer“ aufgebaut hat. Ist die mobbende Gruppe aber im familiären Umfeld, oder im beruflichen Rahmen, z.B. im Schichtdienst, derart, dass man die unangenehmen Situationen nicht oder nur unter erheblichem Aufwand vermeiden kann, gibt es zwei weitere Grundsätze, welche Linderung oder Abhilfe bringen können:
Suche Verbündete. Schon der Umstand, sich jemandem anzuvertrauen, kann Erleichterung verschaffen. Ein(e) gute(r) Verbündete(r) muss aber gar nicht unbedingt eingeweiht sein. Oft genügt die bloße Anwesenheit(!), um die Situation so zu verändern, dass das mobbende Kommunikationsritual nicht mehr (ungestört) ablaufen kann. Tritt diese Störung mehrmals, idealerweise für die Mobbenden unvorherseh- und unkontrollierbar auf, besteht eine gute Chance, das störende Verhaltensmuster abzuschwächen, oder gar zum Verschwinden zu bringen.
Verbünde Dich mit den Tätern. Lässt sich kein(e) ideale(r) Verbündete(r) finden, muss man auch in der Gegenwehr zu härteren Methoden greifen. Durch Vorwegnahme des als unangenehm Erlebten, z.B. durch die Frage „Was werdet Ihr mir heute wieder antun?“ kann man den Angreifern sehr viel Wind aus den Segeln nehmen. Mit Bemerkungen wie ‚Euch fällt bestimmt wieder etwas besonders Gemeines ein!‘ kann man den Stier bei den Hörnern packen, somit der mobbenden Gruppe die Freude an ihrem Tun verderben und das Quälen des Opfers wird zunehmend uninteressant. Oft ist man aber bereits zu stark in der „Opferrolle“ verhaftet, so dass einem solche Möglichkeiten (scheinbar) gar nicht mehr wirklich offen stehen. Dann wird auch der nächste Grundsatz leicht zum unüberwindlichen Hindernis:
Gehe zu höheren Vorgesetzten, zur Personalabteilung, zum Fairness-Komitee oder zum Betriebsrat. Alle diese sollten ein überaus offenes Ohr für solche Anliegen haben (der Betrieb macht sich schließlich strafbar, wenn Mobbing nicht unterbunden wird) und haben auch in der Regel Kontakte zu professionellen Helfern von außen. Je nach Sachlage kann ein Mediator, Coach, Psychologe um sachkundige und nachhaltige Hilfestellung zur Bereinigung der Situation geholt werden.
Man darf sich nicht darüber hinweg täuschen, dass es zur Anwendung der dargelegten Grundsätze eines intakten Selbstbewusstseins und einer gesunden Ich-Stärke bedarf. Es kostet Überwindung, den Stier bei den Hörnern zu packen, Risiko einzugehen (man könnte auch selbst den Arbeitsplatz oder langjährige Bindungen verlieren) und aktiv gegen die Festschreibung der Opferrolle vorzugehen. Dort - das zeigt die Praxis - beißt sich auch in vielen Fällen die Katze in den Schwanz. Verfügt jemand über eine ausreichende Ich-Stärke, ist er / sie nicht wirklich mobb-bar, weil die mobbende Gruppe schnell die Freude verliert oder merkt, dass erhebliche Kosten für das negative Verhalten entstehen. Fehlen jedoch Selbstbewusstsein und Ich-Stärke, stößt die Anwendung der Selbsthilfe ebenso wie der Hilferuf nach außen auf schier unüberwindliche Hindernisse.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass tragfähige Sozialbeziehungen unerlässlich sind, um diesen und ähnlichen Problemen zu begegnen. Nur so kann Vertrauen entstehen, und nur dadurch können sich Selbstbewusstsein und Ich-Stärke entfalten. Jede(r) Einzelne, auch und gerade als Opfer (!), sollte sich fragen: Wann und wo bin ich schon auf der anderen Seite gestanden? Wer könnte sich durch mein Verhalten gekränkt, eingeschüchtert, verletzt fühlen? Wann und wo habe ich mitgemacht oder auch nur weggeschaut? Wann, wo und wem könnte ich helfend zur Seite stehen, als vertrauensvolle(r), stärkende(r), unterstützende(r) Verbündete(r)? Michael Herdlitzka  
 

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